09.11.2023
Redebeitrag der Max-Windmüller-Gesellschaft
zur Gedenkveranstaltung
anlässlich der Progromnacht vor 85 Jahren
Das
Gedenken an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren steht unter düsteren
Vorzeichen. Am 7. Oktober 2023 überfielen Milizen der im Gaza-Streifen
regierenden Hamas ohne Vorwarnung israelische Ortschaften. Sie
ermordeten wahllos Frauen, Männer und Kinder und nahmen Geiseln. In
Israel ereignete sich ein Pogrom, das das Land tief traumatisiert.
Israel sollte seit seiner Gründung 1948 die Heimstatt aller verfolgten
Juden sein. Niemals sollte sich der Holocaust wiederholen und jüdische
Menschen sollten sich nie wieder ohne Widerstand abschlachten lassen.
Der Schatten des 20. Jahrhunderts liegt noch immer über uns, nicht nur
über Israel und Palästina, sondern auch über unserem Land. Wenn sich
Juden heute in Deutschland offen zu ihrer Religion bekennen, müssen sie
mit Diskriminierung und körperlicher Gewalt rechnen. Das ist
unerträglich. Unglaublich nach Auschwitz.
Wir gedenken
der Reichspogromnacht in diesem Jahr vor dem Hintergrund der Ereignisse
in Israel. Wir denken mit tiefer Sorge an dort lebende Bekannte und
Freunde, an die Überlebenden des Holocausts und deren Nachkommen, mit
denen nicht zuletzt durch die Verlegung von Stolpersteinen in Emden neue
Beziehungen aufgebaut wurden.
Wir gedenken heute der Ereignisse der Pogromnacht. Wir denken an die brennende Synagoge, die an diesem Ort stand.
Wir gedenken des ermordeten Daniel de Beer.
Wir gedenken
Sally Löwenstein, der mit den Männern der jüdischen Gemeinde am
10.11.1938 gewaltsam zum KZ Sachsenhausen gebracht wurde und dort nach
stundenlangem Stehen vor dem Tor zusammenbrach und starb.
Wir gedenken Hermann Sax, der die Entbehrungen und Misshandlungen in Sachsenhausen nicht überlebte.
Wir gedenken
der übrigen Männer der jüdischen Gemeinde, die wie Walter Philipson,
die Haft im KZ Sachsenhausen ertragen mussten und Grausamkeiten
ausgesetzt waren, deren Schwere sie nicht beschreiben konnten, teils
wegen ihrer Traumatisierung, teils weil Worte das Grauen und den Schmerz
nicht fassen konnten.
Wir gedenken der Familien, der Alten,
der Frauen und Kinder, die am 10.11.1938 vor ihren geplünderten
Geschäften und in ihren verwüsteten Wohnungen standen, nachdem sie zur
Turnhalle der Neutorschule (auf dem Parkplatz der heutigen
Volkshochschule) getrieben worden waren und eine Nacht der
Misshandlungen, Entwürdigungen und Drangsalierungen erdulden mussten.
Sie galten nicht mehr als Deutsche, die Staatsbürgerschaft war ihnen
aberkannt worden. Viele schafften es nicht mehr auszuwandern. Es begann
ein Martyrium, das fast immer in den Vernichtungslagern endete.
Der Vorstand der Max-Windmüller-Gesellschaft